Buddhas Geburtstag

2562 Jahre, da kann man schon mal feiern. Buddhas Geburtstag ist in Südkorea ein nationaler Feiertag, es hängen überall Laternen in den Straßen und Tempeln und abends gibt es - Schlager.

Den ganzen Tag über gibt es im und um den größten Tempel Seouls Jogyesa viel zu tun: Man konnte Laternen basteln (gut, das zugegeben schon seit einer Woche), sich Wünsche in Kalligraphie aufmalen und an eben diese Laternen hängen lassen (praktmatisch angehaucht durch eine eifrige Frau, die flott jeden Wunsch laminiert, damit der Regen die Hoffnung nicht zersetzt). Auf den Gehwegen liegen Bettler, Mönche (bzw. eine Kombination aus beidem) über die die Besuchermassen geflissentlich hinübersteigen. Es ist voll. Auf der Bühne singt ein Mönchschor Arirang (DAS koreanische Volkslied) in verschiedenen Versionen, kleine Kinder mit eher nachteilhafter Stimmbegabung werden dazugezerrt und nach einigen Zeilen wieder mit großem Applaus zurück ins Publikum verfrachtet.

Am Nachmittag setzt Regen ein und es wird etwas ruhiger - ruhiger in dem Sinne, dass nun eine Schirmbreite Abstand zwischen den Besuchern herrscht. Dafür entfacht die Dunkelheit den Zauber der Laternen, die nun in voller Pracht das Gelände erhellen und den Regen glänzen lassen. Doch, den Glanz in die Augen der Besucher treiben weder Buddha, Mönchschor noch die tausend Laternen sondern: die Schlagersängerin Kim Yonja.

Schlager für Buddha

Es regnet immer noch, da betritt sie die Bühne, bedankt sich beim Publikum und schmettert los. Man merkt sofort: Die Frau versteht ihr Geschäft. Das blaue Glitzerkleid sitzt tadellos, die Frisur ist 3Wettertaft, ihre Stimme rekelt sich ins Mikrofon wie ein Marathonläufer der mit Rückenwind die Milch holen geht: Sie nimmt das Publikum im Sturm. Die Laternen wippen zu den Bässen ihrer Lieder, das Publikum (fast nur Frauen, die schon lange nicht mehr im Erwerbsalter sind) klatscht, schreit und tanzt. Vier Lieder und eine Zugabe gibt Kim Yonja, wirbelt über die Bühne und zeigt keine Schwächen, weder im Gesang noch im Tanz. Dann ist Schluß, sie bedankt sich abermals, schüttelt die Hände der ersten Reihe und geht ab. Weniger Minuten später ist der Tempel leer. Nur Buddha lächelt in den Abend seines Geburtstages hinein - bis es in einem Jahr wieder eine Schlagerparty geben wird. Zu seinen Ehren. Hier im Tempel.

 

Copyright Text und Fotos: Niels Walker